Der Überfall an der Lok ist auch 104 Jahre nach seiner Erstbegehung noch für manche Überraschung gut. Am Sonnabend gab es bei schönstem Maien-Sonnenschein das volle Programm: reichlich Besteigungen, aber auch Verweigerungen und einen (glimpflich ausgegangenen) Durchfaller.
Nachdem ich tagsüber bereits mit meiner Seilschaft fast zwei Stunden wegen einer schließlich in Tränen aufgelösten Nachstiegsverweigerung gewartet hatte, wollten wir uns zum Ende eines wunderbaren Klettertages noch mal gemütlich auf dem Dom sitzend anschauen, wie die richtig guten Kletterer den Weg meistern. Nach lässiger Kesselgratquerung und lockerem Auf-der-Pfeife-Stehen ging es dann aber plötzlich nicht mehr weiter. Die Begründung „Ich habe dafür kein Bewegungsmuster!“ hielten wir zuerst alle für einen Scherz. Als aber nach mehr als einer Stunde guten Zuredens, wortreichen Erklärens, fordernden Drängens und schließlich dem ganz tiefen Griff in die Mädelz-Trickkiste („Schatz, mir ist kalt!“) nichts half, blieb uns nichts anderes übrig, als verwundert abzuseilen. Von unten konnten wir dann noch den geordneten Rückzug konstatieren.
Bei der guten Sicht gab es sicher jede Menge Zuschauer im ganzen Gebirge und vielleicht die eine oder andere Wette (ich hätte verloren! ;-)). Auf jeden Fall ganz großes Kino – ohne Geld ;-)!
Der Satz „dafür habe ich kein Bewegungsmuster“ ist auch nicht mehr aktuell. Einen Tag später war am Fritschfels genug Gelegenheit das Muster zu üben. Dort klappte es gleich auf Anhieb. Obwohl zugegebener Maßen dort der Abgrund kleiner und damit auch die Angst geringer ist. Trotzdem, beim nächsten Mal gilt die Ausrede nicht mehr.