Die aktuelle DAV-Statistik zeigt, die Zahl der tödlichen Unfälle in den Bergen sinkt. Und dass die Wahrscheinlichkeit, auf der Fahrt zur Klettertour zu verunglücken, etwa 5 mal so hoch ist wie beim Klettern selber. Damit das so bleibt, muss sich jeder immer wieder mit dem Thema Sicherung beschäftigen, auch und gerade wenn es zum Unfall gekommen ist.
Unerfreulicher Anlass für die Beschäftigung mit einer selten verwendeten Technik ist ein Unfall beim Sommertraining am Kleinen Brocken. Bei der Begehung der „Glatten Wand“ VIIa stürzte der Vorsteiger bis zum Boden und verletzte sich ernsthaft. Die gelegten Keile kamen ohne viel Widerstand gleich mit. Nun ist das sicher kein spektakulär langer Weg, aber auch aus 5m Höhe kann man eben prima runterfallen. Im alten „Blauen“ wird der Weg noch mit einem Ausrufezeichen gehandelt – also schlecht gesichert.
Mit den heute verfügbaren Sicherungsmitteln ist es aber möglich, die Schlüsselstelle zu entschärfen. Dazu gilt es, die diffizil zu platzierenden Sicherungen zu erkennen und zu legen. Außerdem ist es hilfreich, die heute nur noch selten beobachtete Doppelseiltechnik anzuwenden. Diese Technik kommt besonders bei nicht hundertprozentigen und verstreut oder außerhalb des eigentlichen Wegverlaufes liegenden Sicherungen zum Einsatz. Gerade in traditionell abzusichernden Klettergebieten wie den Greifensteinen lohnt es sich, das mal gemacht zu haben. Wer aufmerksam die einschlägigen Klettersportmagazine verfolgt, wird auf den Bildern von aktuellen Top-Begehungen in vergleichbar abzusichernden Gebieten die Technik wiedererkennen.
Was den Cracks in ihren Gruseltouren recht ist, kann uns in einfacheren Wegen, aber mit ähnlich komplexen Klemmkeil-Arrangements nur billig sein. Und obwohl in den Greifensteinen eigentlich ein 30m-Seil meist völlig ausreicht, hilft es in diesem Falle mit 60m unterwegs zu sein. Bindet man sich nämlich in die Mitte ein, hat man quasi im Handumdrehen ein 30m-Doppelseil. Wegen der Länge sind die heutigen Seile ja meist relativ dünn und damit leicht genug dafür. Nun kommt es darauf an, das Seil mit dem richtigen Strang einzuhängen und dem sichernden Seilpartner eine optimale Position zuzuweisen. Zum Sichern sollte ein Gerät verwendet werden, das nach dem Sticht-Prinzip funktioniert und für zwei Stränge ausgelegt ist, also z. B. Reverso oder Tube.
Die Doppelseiltechnik hilft übrigens auch bei drohendem Seilzug. In den Greifensteinen ist so eine Begehung des „Alten Nordwegs“ VIIb am Stülpnerfelsen seiltechnisch wesentlich entspannter. Klemmen muß man aber trotzdem noch wie eh und je 😉 . Vielleicht sollten wir das einfach auf die Liste fürs nächste Sicherheitstraining setzen, bevor es aus der Halle wieder an den Fels geht. Dann kann man sich das noch mal in aller Ruhe und im Warmen anschauen.
Zu dem gezeigten verspannten Stopper (quasi an einer idealen Stelle dafür) sollte vielleicht noch sagen, dass es sich hier NICHT um eine „klassisches“ Kräftedreieck handelt.
Dabei wäre der Winkel der beiden im Querriss liegenden Keile auch zu stumpf, was zu einer Vervielfachung der wirkenden Kraft im Belastungsfall führte. Die genauere Betrachtung zeigt vielmehr, dass nur der hier rechte Keil die Belastung trägt und vom linken Stopper in Position gehalten und am Herausrutschen gehindert wird.
Ein beinahe idealtypisches Beispiel und ein guter Beitrag, Vielen Dank!
Wichtige Ergänzung! Prinzipiell wäre die Verspannung an dieser Stelle auch anders herum möglich, da die Sicherung aber links vom Weg liegt, zieht das Seil die Sicherung nach rechts und stabilisiert sie damit. Falls das zu unsicher ist, kann man auch ein Stück Tape oder dünne Reepschnur zur Fixierung verwenden.
Alles besser als Runterfallen 😉 !
Dave MacLeod hat vor ein paar Tagen den „Walk of Life“ in Devon wiederholt. Auf den Fotos in seinem Blogeintrag ist die exzellente Verwendung der Doppelseiltechnik noch besser zu erkennen. In dem Weg wohl ein absolutes Muss!